Alle Jahre wieder oder so

Alle Jahre wieder ist dasselbe Phänomen zu beobachten: Kaum hat das neue Schuljahr im September angefangen, Halloween ist noch fast einen Monat entfernt, da füllen sich die Regale der Supermärkte schon mit den allseits beliebten Lebkuchen und Schokoweihnachtsmännern.

Viele rollen mit den Augen, schütteln genervt die Köpfe. Die letzte Oktoberwoche wird kurz von Halloween überschattet, doch kaum bricht der erste Novembermorgen heran, schmücken wieder Schneemänner und Adventskalender die Schaufenster. Muss das sein?

Drei bis viel Monate im Voraus Vorfreude auf die Weihnachtszeit wecken – klingt ja eigentlich nicht schlecht, aber dennoch: Zu viel des Guten zerstört das freudige Warten auf die schönste Zeit des Jahres. Wie heißt es so schön: Zu viele Köche verderben den Brei. Zwar halten sich die meisten Radiosender an das ungeschriebene Gesetz – keine Weihnachtsmusik vor dem ersten Advent –  und auch Weihnachtsfilme finden sich bis Ende November noch weitestgehend nicht im Fernsehprogramm (obwohl sich Freunde der Weihnachtsfilme eh ganzjährig auf Netflix und Co. bedienen können), aber jeder muss ja ab und zu was essen, oder sich neue Socken kaufen. Da kommt man natürlich nicht Drumherum Sonderangebote, Weihnachtsschmuck und „hilfreiche“ Geschenkideen im Laden zu sehen. Weihnachten sollte ja eigentlich eine ruhige, besinnliche Zeit sein, allerdings kommt diese Stimmung inmitten des Weihnachtsgeschäftes nicht auf – aber das ist ja auch nichts Neues. Da kommt für viele der „Black Friday“ ganz recht. Diese amerikanische Konsumententradition hat sich von Jahr zu Jahr immer weiter auch in Deutschland breitgemacht. Bei dem breiten, kostengünstigen Rabattangebot findet jeder eine Kleinigkeit – und das rund einen Monat vor dem Fest selbst! Das sollte man zumindest meinen, trotzdem wird man in den Tagen vor dem Weihnachtsfest in vielen Läden dennoch fast totgetrampelt bei dem Versuch, Papa mit den Schneemann-Boxershorts eine Freude zu machen. Menschen, die dieses Jahr auf die Feierformalitäten im großen Stil verzichten wollen: viel Glück! Man fängt sich schnell einen schiefen Blick ein, bei dem Statement, keinen Weihnachtsbaum zu wollen. Und der Plätzchenofen bleibt ebenfalls kalt? Skandal! Aber wenn man es doch so recht bedenkt, ist so eine Weihnachtsauszeit keine schlechte Idee. Dann kann man im nächsten Jahr all die Weihnachtstraditionen wieder aufgreifen – fühlt sich dann an wie neu!

Was wäre Weihnachten ohne den dazugehörigen Markt?

Weihnachtszeit ist Familienzeit. Wer das Fest feiert, feiert mit Freunden und Verwandten, wer nicht feiert, findet in den Feiertagen dennoch Zeit sich mit Bekannten zu treffen. Eigentlich braucht es für ein Familientreffen auch keinen Grund, oder? Doch! Der Heiligabend wird bestimmt nicht von wenigen als der perfekte Zeitpunkt des Jahres angesehen. Wer sich sonst das Jahr über meidet, begrüßt sich zu dieser Zeit mit offenen Armen und den Versprechen sich bald wieder zu treffen – oder auch nicht. Weihnachten ist bekannt als die Zeit der Vergebung und Versöhnung, man springt über seinen eigenen Schatten und verkneift sich vielleicht (oder auch nicht) das Kommentar zum migrieren Geschenk der Tante.

Dem ein oder anderen Weihnachtsmarktbesucher wird auch aufgefallen sein, dass der Enthusiasmus für die köstlich duftenden Stände mit Glühwein und Holzschnitzereien bei so manchem nachlässt… Oft sind es auch einfach immer wieder die gleichen Stände, die identischen Produkte, die angeboten werden. Kaufen muss man da nichts mehr, lieber schlendert man nur durch die Gegend und gönnt sich vielleicht noch ein wärmendes Getränk… – Aber das war’s dann auch. Dennoch: Was wäre Weihnachten ohne den dazugehörigen Markt? Oder die Dekoration und Lichter überall? Oder Pfeffernüsse im Sonderangebot? Dann wäre die Zeit zwischen Herbst und Frühling bloß eine ganz normale Jahreszeit.  Kalt und grau, mit Schneematsch auf dem Gehweg. Vielleicht ist Weihnachten deshalb so erfolgreich. Es ist besser als grau-in-grau. Da startet man doch schon mal besser ins neue Jahr.

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