Wenn ein Buch verfilmt wird müssen einige Änderungen vorgenommen werden. Im Allgemeinen müssen die Geschehnisse gekürzt werden und, wenn das Buch schon älter ist, wird vieles auch modernisiert. Viele Produzenten und Regisseure fügen auch ihre eigenen Ideen der Story hinzu. Aber wie finden das eigentlich die Autoren?
Es gibt Änderungen, die gemacht werden müssen, weil manche Teile des Plots einfach nicht auf der Leinwand funktionieren, und andere nicht umgesetzt werden können. Wenn man zum Beispiel viele innere Monologe in einem Buch hat, gibt man diese Informationen meist in Dialogen preis. Bei älteren Verfilmungen, als CGI noch nicht so ausgereift war wie heute, musste man auch wegen technischem Mangel Szenen abändern, wie bei der Verfilmung von Roald Dahls Charlie und die Schokoladenfabrik von Mel Stuart (1971). Im Buch gab es Eichhörnchen, die Nüsse für Nussschokolade sortieren. Stuart hat es abgeändert, dass Gänse goldene Schokoladeneier für Ostern legen. Diese Veränderungen und das Zeitlimit eines Films, sorgt oft dafür, dass Zuschauer das Buch besser finden.
Geht es dem Autor genauso?
Man könnte verallgemeinernd sagen, dass die Zufriedenheit des Autors damit zusammenhängt, wie involviert er in der Produktion war. Daniel Handler, der unter dem Pseudonym Lemony Snicket Eine Reihe Betrüblicher Ereignisse (1999-2006, Original: A Series of Unfortunate Events) geschrieben hat, hat bei beiden Verfilmungen seiner Werke mitgewirkt. Er hat das Ursprüngliche Skript für den 2004 Film mit Jim Carrey geschrieben, das von Robert Gordon überarbeitet wurde. In der Netflix Serie (2017-) hat er mit einer Gruppe von Schreibern die Episoden verfasst, wurde aber während den Arbeiten an der zweiten Staffel gebeten sich zurückzuziehen. Da seine Mitwirkung im Film begrenzt war, spricht er in Interviews mehr über die Netflix Serie, auch weil diese recht beliebt ist und aktueller. Die Produzenten der Serie wollten eine Mystery-Geschichte aus Handlers Büchern machen, was eine Abänderung der ursprünglichen Bücher ist, da diese einfach nur erzählen, welche betrüblichen Ereignisse den Baudelaire Kindern passieren. Der Autor selbst spricht sehr neutral über die Verfilmung, er sagt in verschiedenen Interviews, dass die Veränderungen verhältnismäßig klein sind und auch die Ergänzungen zu der Geschichte passen. Er sieht zwar Fehler im fertigen Objekt, aber als Perfektionist, der von seinen eigenen Werken stets enttäuscht hat, stört ihn das nicht weiter. Diese ‘Fehler’, die Handler sieht, kommen aber auch daher, dass er keinerlei Vetorechte besitzt, wenn es um Details geht.
Man könnte fast sagen, dass Daniel Handler mit der Hilfe der Produzenten seine Geschichte umschreiben konnte, um Dinge, die in den Büchern im Hintergrund waren in den Vordergrund zu bringen.
Ein absolutes Gegenteil ist der oben genannte Autor Roald Dahl. Wie bereits erwähnt, wurde Charlie und die Schokoladenfabrik (1964) nur sieben Jahren nach seiner Veröffentlichung verfilmt. Dahl selbst schrieb das Skript dafür, jedoch beschloss Mel Stuart, der Produzent des Films, das Skript von David Seltzer umschreiben zu lassen. Der einzige Haken daran war, dass er es hinter Dahls Rücken getan hat. Der Produzent tat das, weil er mit der Arbeit von Dahl unzufrieden war, und der Autor seine Skripte nicht pünktlich abgegeben hat. Dahl und Stuart kamen sowieso schon nicht miteinander aus, und dieser Vertrauensbruch half dem natürlich nicht. Im Abspann des Filmes wird immer noch Roald Dahl als Autor des Skriptes genannt, und nicht der zuvor unbekannte Drehbuchautor Seltzer. Das neue Skript zieht die Aufmerksamkeit auf Willy Wonka, den Besitzer der Schokoladenfabrik, der Autor wollte den Fokus jedoch auf Charlie Bucket, dem Protagonisten des Buches. Dahl war so unzufrieden mit dem Endprodukt, dass er sich keine weitere Verfilmung seiner Werke mehr angesehen hat, egal ob er das Skript verfasst hat oder nicht. Er hat nur schlecht über Stuart und den Film gesprochen, er meinte, dass Stuart kein Talent habe, und die Lieder zu sentimental für die Geschichte wären: die Zusammenarbeit war also alles andere als einfach. Die neuere Verfilmung von Tim Burton wurde erst produziert als Dahl bereits verstorben war, die Witwe Felicity Dahl, ist sich aber sicher, dass ihm diese Verfilmung um einiges besser gefallen hätte, als Stuarts Version. Leider sind das aber reine Spekulationen.
Ein drittes Beispiel ist der Autor Rick Riordan, der die fünfreihige Percy Jackson Serie geschrieben hat (2005-2009). Er war als Autor überhaupt nicht an den Verfilmungen von Chris Columbus beteiligt. Obwohl er die Filmrechte bereits verkauft hatte bevor das erste Buch erschien, wurde der erste Film Percy Jackson – Diebe im Olymp erst 2010 herausgebracht. Der zweite Teil Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen erschien drei Jahre später und war der letzte Teil der Verfilmungen. Im Gegensatz zu meinen ersten zwei Beispielen will Riordan nicht über die Filme reden. Auf seiner Webseite hat er eine ganze FAQ-Sparte für die Filme, in der man seine Meinung deutlich herauslesen kann. Er hat zwar die Skripte gelesen, aber keinen der Filme gesehen, weil er sein eigenes Bild seiner erfundenen Welt nicht verändern wollte. Seine Abgeneigtheit über die Filme zu reden, geschweige denn sie anzusehen, zeigt eine allgemein negative Einstellung gegenüber den Filmen. Er hat sogar einen offenen Brief an einen Lehrer einer amerikanischen Middle-School geschrieben, der die Percy-Jackson-Filme seinen Schülern als Beispiel für griechische Mythologie zeigen wollte. Riordan sagt, er solle lieber seine Bücher verwenden, da die griechischen Mythen, die darin vorkommen, bei weitem dem Original Mythos ähnlicher sind. Er sagt, dass er sich lieber Zähne ziehen lassen würde, ohne Betäubung, ehe er sich die Percy-Jackson-Filme anschauen würde. Der Autor möchte in keinerlei Verbindung zu den Filmen gebracht werden, und jeder Percy-Jackson-Fan, der die Bücher gelesen hat, kann das durchaus nachvollziehen.
Erfolgreiche Verfilmungen arbeiten mit dem Autor zusammen
Buch zu Film Adaptionen sind entweder eine Neuerzählung nach dem Bild der Produzenten des Films, oder eine Wiedererzählung der Geschichte des Autors. Wenn die Filme eine Neuerzählung sind, reden die Autoren nicht oft über die Filme, da es nicht mehr ihre Geschichte ist. Wenn es jedoch eine Wiedererzählung ist, gibt es eine eher geringe Chance, dass es vollkommen dem Bild des Autors entspricht, und das wollen die Regisseure auch oft nicht. Die Regisseure des Films wollen im Normalfall ihre eigene Interpretation des Buches wiedergeben, oftmals zum Unbehagen des Autors.
Es ist eher selten, dass Autoren bei Verfilmungen mit einbezogen werden, aber die erfolgreichen Verfilmungen sind oftmals die, die mit den Autoren zusammenarbeiten. Und je näher die Zusammenarbeit, desto zufriedener ist auch der Autor, desto näher kommt das Endprodukt an die ursprüngliche Vision des Autors heran. Der Großteil der Autoren ist aber im Allgemeinen eher unzufrieden mit der visuellen Umsetzung ihrer Werke und verkaufen die Rechte meist aus Werbe- oder finanziellen Gründen .
Als Literaturstudentin stehe ich natürlich auf der Seite der Bücher, da diese in viel mehr Tiefe gehen können und die Fantasie mehr ankurbeln als Bücher. Die Autoren schaffen eine Welt, die sie sich in ihrem eigenen Kopf gestaltet haben und teilen es mit dem Rest der Menschheit, die aus den Geschichten ihre eigene machen können. Genau das tut auch der Regisseur beim Adaptieren der Bücher auf die Leinwand, jedoch ist das natürlich nicht die Welt, die sich der Autor, oder der Leser im Kopf geschaffen hat.
Ich schaue mir die Filme aber auch dennoch jedes Mal an, und freue mich, wenn der Regisseur seine eigene Sache daraus gemacht hat, die Idee des Autors genommen hat und sie ausgebaut hat. Das verändert zwar die ursprüngliche Geschichte, aber das soll ja auch so sein. Wenn aber ein Regisseur versucht die Details beizubehalten und eins zu eins auf den Bildschirm übertragen möchte, geht das für gewöhnlich in die Hose. Für mich gehören Bücher nicht auf die Leinwand, aber ich hoffe dennoch immer wieder auf die perfekte Buch zu Film Adaption.