Fruchtgummis ohne Gelatine © 2016 Claus R. Kullak

Gummibärchen, Tortenguss und Schokokuss – Gelatine ist überall

Warum steht da eigentlich neuerdings “ohne Gelatine” auf vielen Gummibärchen? Läuft da wieder so ein Lebensmitteltrend ab? Und was soll schon schlimm sein, an dem Glibberzeug, das zum Beispiel auch als Tortenguss auf dem Obstkuchen ist? Ein kleiner Überblick.

Gelatine, gelieren, Gel, Gelée. Die Worte kennen wir irgendwie, wissen aber oft nicht genau, was es damit auf sich hat. Ein Gel oder Gelée sind Stoffe, die ein Zwischending aus fest und flüssig darstellen, wobei die genaue Konsistenz schwankt. Das Sport-Gel für das geprellte Knie ist flüssiger, der leckere Tortenguss oder die ekelhafte Sülze sind fester. Chemisch funktioniert das, indem ein festerer Stoff, das Geliermittel, eine Flüssigkeit in einem schwammartigen Netz bindet.

Wer schon mal einen Wackelpudding gemacht hat, weiß wie das geht: Das Wasser ins Pulver schütten. Dann bildet das Pulver ein Netz, welches das Wasser bindet. Und schon kann man den Wackelpudding schneiden. Er ist gewissermaßen schnittfestes Wasser.

Es gibt eine ganze Menge Geliermitteln, welche für diesen Effekt eingesetzt werden können. Im Grunde genommen geht das mit allen Substanzen, die im Wasser quellen. Von vielen davon kennen wir auch die Namen, weil sie in den Zutatenlisten von Produkten stehen, welche wir oft kaufen. Da steht dann beispielsweise Johannisbrotkernmehl oder Guarkernmehl oder Pektin oder “modifizierte Stärke” oder irgend ein E zwischen E1400 und E1451. Oder eben Gelatine.

Gelatine klingt elegant, ist aber irgendwie ekelhaft

Wer Sülze oder Sülzwurst ekelhaft findet, bekommt hier die schlechte Nachricht: Da ist genau dasselbe Geliermittel drin wie in dem leckern Tortenguss, den einem vielleicht immer die Oma vorsetzt. Es ist genau dasselbe Geliermittel, wegen welchem ein Frischkäse wie Bresso oder die meisten klaren Säfte nicht vegetarisch sind. Es ist natürlich Gelatine, und dabei handelt es sich überwiegend um Kollagen, das aus den Häuten und Knochen von Schweinen, Rindern, Geflügeln und Fischen gewonnen wird.

Wer also Gummibärchen beispielsweise von Haribo ist, knabbert eigentlich Schlachtabfälle wie abgehobelte Schweinehaut oder zermahlene Hüftgelenke. Na dann: guten Appetit.

Wer sich den Entstehungsprozess von Fruchtgummis aus Schweinen einmal im Rückwärtslauf ansehen will, kann das in diesem – sehr ästhetischen, aber inhaltlich natürlich abschreckenden – Film “De weg van een snoepje” (“Der Weg einer Süßigkeit”) des belgischen Formats “Over Eten” (“Über Essen”) des Senders “Eén”:


Worin Gelatine zu finden ist

Ob man sich nun vegetarisch, koscher oder halal ernähren möchte oder nicht: Ein Blick auf die Zutatenliste der Produkte, die wir kaufen, hilft uns bekanntlich. Was Lebensmittelzutaten angeht, die wie Gelatine aus Tieren hergestellt werden, werden wir allerdings überrascht: Sie finden sich in einer wesentlich größeren Zahl von Lebensmitteln, als wir denken – und oft vor allem da, wo wir niemals damit rechnen würden. Auch tritt dabei ein Zusatzproblem auf: Ein Blick auf die Zutatenliste der Produkte, die wir kaufen, hilft uns nämlich nicht immer. Manche Stoffe müssen schlicht nicht deklariert werden.

Gelatine in Saft, Wein und Essig

Das ist vor allem dann der Fall, wenn diese Stoffe nicht als Zugabe in das Lebensmittel gelangen, sondern nur als ‘technische Hilfsmittel’ bei der Herstellung verwandt werden. Dies gilt beispielsweise bei fast allen klaren Säften und bei Wein, denn bei diesen wird Gelatine als Filterungsstoff eingesetzt.

Ja, Wein ist meist nicht vegetarisch. Und das bedeutet natürlich dasselbe für Essig. Zur Beruhigung: Bier ist vegetarisch, weil Gelatine im Bayerischen Reinheitsgebot von 1516 nicht erlaubt wurde – und das hat heute noch Gesetzeskraft. Es wird allerdings nur in Deutschland angewandt. Deshalb kann für ein ausländisches Bier auch anderes gelten.

Wie foodwatch.org berichtet, werden jetzt immerhin Säfte von Hohes-C und Valensina ohne Gelatinefilter hergestellt. Scheinbar findet ein Umdenken statt. Das gilt ebenso für Großkonzerne, wie der NDR feststellt: So verwendet die Coca Cola-Company in Fanta jetzt nicht mehr Fischgelatine als Träger für den orangenen Farbstoff Carotin.

Damit wurde die zweite Verwendungsform von Gelatine in der Getränkeherstellung erwähnt: als Trägerstoff. Dies ist insbesondere bei zugesetzten Vitaminen der Fall.

Gelatine in Joghurt, Quark und Frischkäse

Bei Milchprodukten dient Gelatine dagegen nicht als technisches Hilfsmittel, sondern dem Zweck, die Produkteigentschaften zu modifizieren. So werden Joghurts, Quarks und Frischkäse oft mit Gelatine verfestigt. Das gilt insbesondere bei fettreduzierten Produkten wie etwa Die Leichte von Du darfst.

Der Vorteil für den Gelatine-Vermeider ist, dass sie in diesem Fall als Inhaltsstoff genannt werden muss. Zu sehen ist das bereits am Beispiel Bresso, die auch einige vegetarische Sorten herstellen. Auch Marken wie Rotkäppchen verwenden in Frischkäse Gelatine. Bei Joghurts kann Müllers Froop Fruchtjoghurt genannt werden. Milram dagegen hat nach Angaben von Foodwatch.org unterdessen auf deren Zusatz verzichtet.

Wer sich vegetarisch oder koscher ernähren möchte und jetzt denkt, dass er dann lieber auf Hartkäse ausweicht, weil in diesem keine Gelatine enthalten ist, sollte allerdings darauf achten, dass kein “tierisches”, sondern nur “mikrobakterielles Lab” enthalten ist, denn ersteres wird aus dem Magen von Kälbern gewonnen. Es ist somit immerhin halal und für Muslime daher auch unbedenklich.

Gelatine in Süßspeisen

Das gilt, wie gesagt, für die meisten Gummibärchen, Lakrize, Schaumwaffeln, Pfefferminzbonbons oder Marshmallows genauso wenig wie für einige Puddings, manche Schlagsahne oder klassischen Tortenguss. Genannt werden könne da Produkte von Haribo, Grabower, Vivil oder Sweet Zone, unter welchen Letztere sogar damit Werbung machen, dass sie halal sind, weil nur Rindergelatine verwandt wird.

Lebensmittel ohne Gelatine

Eine solche Liste ließe sich endlos fortsetzen, wäre aber doch wenig hilfreich, weil man ja nie wüsste, ob ein Produkt nun gelatinefrei ist – oder nur nicht erfasst wurde.

Deswegen hat die Umweltschutzorganisation Peta eine Liste garantiert vegetarischer Lebensmittel erstellt. Ob diese dann auch koscher und halal sind, wurde nicht gesondert geprüft. Der Vorteil dieser Liste ist, dass sie sich nicht auf das Gelatine-Problem beschränkt, sondern auch alle anderen tierischen Produkte berücksichtigt: Auf dieser Liste steht nur, was auch vegan ist.

Hier geht’s zu Peta-Einkaufsguide.

Verwendetes Bild: © 2016 Claus R. Kullak. Das Bild zeigt “Fred Ferkel” von Katjes.

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