Coraline – Gruseln für Kinder und Erwachsene

Neil Gaiman, der als Autor von Graphic Novels bekannt geworden ist, ist zurzeit wohl am bekanntesten dafür, dass sein Buch American Gods zu einer Amazon-Prime-Serie gemacht wurde. Bei diesem Buch merkt man schon, wie sich Gaiman mehr für Horror Geschichten interessiert, die wichtige Themen ansprechen. Das ist aber keineswegs der erste große Erfolg für Gaiman, der mit einem Kinderbuch jahrelang für Schlagzeilen sorgte.  

Coraline ist sein erstes Kinderbuch, und ein eines der einzigen in seiner Sammlung. Er begann den Schreibprozess als er kein gutes Kinder-Horror-Buch für seine vierjährige Tochter finden konnte. Gaiman selbst liebte Gruselbücher als Kind, aber Geschichten, wie er sie selbst gelesen hatte, gab es nicht mehr. Er erzählte seiner Tochter Holly schon damals viele Geschichten, die sie selbst diktierte, die viele als Gruselgeschichten bezeichnen würden.

Als seine Familie von England in die Vereinigten Staaten gezogen ist, legte er eine sechsjährige Schreibpause für Coraline ein. Erst als seine zweite Tochter, Maddy, ebenfalls vier Jahre alt war. Bis zur Veröffentlichung im Jahr 2002, hat es ihn 10 Jahre gebraucht um diese kurze Novelle zu schreiben.

Der Autor selbst war schockiert über die ganzen Kritiken.

In der Geschichte geht es um Coraline Jones, die mit ihren Eltern in eine neue Wohnung gezogen ist. Sie entdeckt dort eine andere Welt hinter einer Tür die eigentlich immer verriegelt ist, in der ihr die „andere Mutter“ scheinbar das Leben geben möchte von dem Coraline träumt. Es stellt sich jedoch heraus, dass die „andere Mutter“ ihre echten Eltern entführt hat und Coralines Seele stehlen möchte. Mit Hilfe von einer Katze, drei Geisterkindern, die frühere Opfer der „anderen Mutter“ sind, und einem Stein, den sie von ihren verschobenen Nachbarinnen erhalten hat, schafft sie es letztendlich durch ein Spiel die „andere Mutter“ zu besiegen.

Gaiman erntete viel Kritik dafür, dass Coraline nicht für Kinder ab 11 Jahren geeignet sei, aber selbst die New York Times schrieb eine Review für den 2009 erschienenen Coraline Film und sagte, dass eine Gruselgeschichte für Kinder etwas Gutes sei. Der Autor selbst war schockiert über die ganzen Kritiken, und dass Leute denken es wäre etwas schlimmes, wenn man Kindern Angst macht. Solang die Angst von einem Buch kommt, hat er es als Kind geliebt.

Diese Ängste haben nicht nur Kinder, sondern auch die meisten Erwachsenen.

Das Buch beschäftigt sich mit Urängsten, wie Verlust und Einsamkeit, aber auch mit Fassaden, wie man unschwer an der „anderen Mutter“ erkennen kann. Coraline hat Angst ihre Eltern zu verlieren und die „andere Mutter“ redet ihr dazu auch noch ein, dass ihre Eltern sie langweilig finden, und deshalb nichts mit ihr unternehmen.

Diese Ängste haben nicht nur Kinder, sondern auch die meisten Erwachsenen, vielleicht ist auch das der Grund wieso viele sagen, es sei zu gruselig oder erschreckend für Kinder. Wenn es hier um ein Monster unter dem Bett ginge, sähen die Kritiken wahrscheinlich anders aus.

Die Erzählstimme des Buchs ist nicht die von Coraline selbst, sondern die eines Erwachsenen, der ihre Gedanken und Gefühle wiedergibt. Das ist wichtig für die Geschichte, weil man im Allgemeinen sagt, dass Erwachsene objektiver mit Situationen umgehen können als Kinder, und somit wird das Gesagte des Erzählers unterbewusst als Fakt aufgenommen. Verstärkt wird das durch die simple und direkte Sprache des Buchs.

Coraline wird oft zu Lewis Carrolls Alice Hinter den Spiegeln verglichen.

Etwas sehr Interessantes, was die Geschichte auch selbst aufgreift, ist, dass die wichtigsten Charaktere im Buch keine Namen haben. Es heißt „die andere Mutter“, „die Katze“, und „die Stimmen“. Das kommt in einem Gespräch mit der Katze auf, wenn sie erklärt, dass Menschen Namen haben, weil sie nicht wissen wer sie sind. Die Katze weiß wer sie ist und braucht daher auch keinen Namen.

Coraline wird oft zu Lewis Carrolls Alice Hinter den Spiegeln verglichen, da auch hier die Protagonistin in eine andere Welt eintritt, die auf den ersten Blick wie ihrer eigene zu sein scheint. Aber es gibt auch viele Parallelen zu Charlotte Brontes Jane Eyre wo es auch um ein junges Mädchen geht, dass in einem Haus mit einer gruseligen Parallelwelt lebt, und sie fühlt sich genauso allein wie es Coraline tut. Und obwohl man diese Vergleiche ziehen kann, ist Gaimans Erzählweise so anders als die oben genannten Bücher, dass er doch eine ganz andere Welt erschafft.

Gaiman schafft es so ein unangenehmes Gefühl subtil zu vermitteln. Er hat keine wirkliche Puppe die etwas Schreckliches tut, sondern eine Figur, die sich indirekt als Puppe darstellt. Die „andere Mutter“ versucht zwei positive Gefühle zu verbinden: Coralines Mutter wie das Mädchen sie sich wünscht und das Tröstende einer Puppe durch die Knopfaugen.

Wenn man sich näher mit den Augen der „anderen Mutter“ beschäftigt, kann man feststellen, dass die Knopfaugen eigentlich etwas Besänftigendes sein sollten, da die meisten Stoffpuppen eben solche haben. Und schließlich ist eine Stoffpuppe doch etwas Positives für Kinder, oder?

Das Buch hat alles, was man für einen Riesenerfolg braucht.

Die Filmadaption geht das deutlich direkter an. Dort erhält Coraline eine Puppe, die so aussieht wie sie, mit eben solchen Knopfaugen.

Das Buch hat alles, was man für einen Riesenerfolg braucht: eine mutige Heldin, abwesende Eltern, eine magische Parallelwelt und eine sprechende Katze. Dazu kommt natürlich noch der verrückte Bösewicht, der Seelen stiehlt und sich so als die Mutter von verschiedenen Personen ausgibt. Das ist das Erfolgsgeheimnis weshalb Coraline nicht nur als Stop-Motion-Film adaptiert wurde, der für einen Oscar nominiert wurde, sondern auch als Graphic Novel (2008) und eine Off-Broadway Musical Produktion (2009). Bis heute verkleiden sich unzählige Kinder als Coraline zu Halloween, und es gibt sogar eine ganze Parfümreihe von Black Phoenix Alchemy, die nach Coraline benannt ist.

Auch Gaiman selbst ist von seinem eigenen Charme getroffen. Er hat in Interviews gesagt, dass Coraline jenes Buch sei auf welches er am stolzesten ist.

Der Autor, der seinen Fans sehr nahesteht und auf sozialen Netzwerken wie Twitter, Instagram oder sogar Tumblr oft mit ihnen interagiert, hat natürlich nicht nur dieses Buch geschrieben. Er begann als Comicbuchautor, unter anderem für DC und Marvel, hat einige Romane, wie auch Kurzgeschichtensammlungen veröffentlicht, und sogar Drehbücher geschrieben, wie zum Beispiel die englische Version von Prinzessin Mononoke, die Legende von Beowulf und auch TV Serien wie Babylon 5 und Doctor Who.

Coraline zeigt bis heute, dass man nur Mut haben muss, Dinge einfach tun muss, um sie zu schaffen. Und wenn man sich nur traut, fühlt man sich danach besser, man erlangt mehr Selbstbewusstsein, genau wie Coraline. Sie zeigt, dass es nicht einfach ist, aber letztendlich ist es das wert.

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