Frauenpower auf Rollschuhen

Der Sommer naht und das Bedürfnis Sport zu machen steigt. Die Frage ist nur: Welchen Sport? Eine neue, spannende Sportart fällt dir nicht ein? Da gibt es eine einfache Lösung: Es gibt seit zehn Jahren einen Sport in Deutschland, der noch unbekannt, aber dafür super spaßig ist: das Roller Derby.

Roller Derby ist eine Teamsportart auf Rollschuhen. Das allerwichtigste: Es ist ein Wettrennen. Im Jahr 1935 wurde das erste Roller-Derby-Rennen in Chicago, in den USA, veranstaltet. Inspiriert war das Spektakel vom Sechstagerennen des Bahnradsports. Damals traten 25 Teams mit jeweils einer Frau und einem Mann gegeneinander an und es gewann wer als längstes auf der Bahn stand. Viele Menschen sahen das Rennen nur wegen des körperlichen Aspekts, da sich die Teams sehr oft und meistens sehr hart rempelten, sodass es viele Verletzungen gab. Wegen der hohen Verletzungsgefahr des Sports haben die Spieler diesen aufgegeben und somit ging die erste Generation des Roller Derby’s zu Ende.

Im Jahr 2001 wurde das Roller Derby in Austin/Texas erneut zum Leben erweckt – mit neuen Regeln. Und plötzlich haben die Frauen den Sport dominiert, es gab keine Männer in den Mannschaften. Fünf Jahre später wurden die ersten Mannschaften in Europa gegründet: die London Rockin’ Rollers und das deutsche Team, die Stuttgart Valley Rollergirlz. Mittlerweile gibt es europaweit über 200 Mannschaften. Das erste Rennen in Europa fand im Jahr 2007 statt, zwischen den Stuttgart Valley Rollergirlz und den London Rockin‘ Rollers.

 Es sieht immer noch sehr gefährlich aus, wenn jemand aus der Bahn gerempelt wird.

Es sind maximal vierzehn Spielerinnen in einem Team und höchstens fünf davon stehen auf dem Feld. Vier davon werden als Blocker bezeichnet und die fünfte als Jammer. Ziel des Rennens ist es, Punkte zu holen. Das kann nur der Jammer indem dieser die gegnerischen Blocker überholt. Hierbei versuchen die eigenen Blocker den Weg so einfach wie möglich zu gestalten und die gegnerischen Blocker versuchen, den Jammer wortwörtlich zu blocken. Der Jammer ist mit einem Stern am Helm gekennzeichnet. Der Jammer, der als erstes die gegnerischen Blocker überholt hat, wird Lead-Jammer und kann Punkte machen, aber auch die Runde vorzeitig abbrechen, wenn es zum eigenen Vorteil ist. Eine Runde heißt Jam und dauert zwei Minuten. Man versucht in den zwei 30-minütigen Halbzeiten so viele Jams wie möglich zu machen. Man bekommt einen Punkt für jeden überholten Blocker, wenn man Lead-Jammer ist.

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Der Roller Derby heute unterscheidet sich von seiner Urform der 30er Jahre vor allem darin, dass es nicht mehr so viele Verletzungen gibt. „Ich würde sagen, dass die Verletzungsgefahr nicht größer ist als bei einer anderen Teamsport wie Fußball oder Handball,“ sagt Valerie Pogodda, die Abteilungsleiterin der Stuttgart Valley Rollergirlz. Sie spielt ebenfalls im Team mit. „Wir sind schließlich geschützt und lernen auch zu fallen und es gibt, Gottseidank, auch gute Regeln.“ Die Spielerinnen lernen bei Blocking-Übungen den Block aufzunehmen, dabei verliert man die Angst vor dem Stürzen. Es sieht immer noch sehr gefährlich aus, wenn jemand aus der Bahn gerempelt wird, aber es gibt eher selten Verletze dabei, normal stehen die Spielerinnen sofort wieder auf und machen weiter.

Aber es gibt noch etwas sehr Wichtiges beim Roller Derby und das sind die Derby-Namen. Schaust du einmal durch das Team der Stuttgart Valley Rollergirlz fällt dir sofort auf, dass nicht die normalen Namen auf dem Trikot stehen, sondern Namen wie Nitro Netty, Bohemian Becksody, Minerva McGonnafall oder auch Snowblood. Mit diesen Namen hat man in den Anfängen des Roller Derby ein Derby-Alter-Ego erstellt, dass die aggressivere Seite der Spielerinnen zeigt, man hat sich damals auch mit martialischer Gesichtsschminke vor dem Spiel geschminkt, „aber das ist mit der Zeit so ein bisschen in den Hintergrund gerückt,“ meint Valerie Pogodda. Man spricht sich zwar immer mit dem Derby-Namen an, aber es ist nicht mehr wirklich ein Alter Ego, sondern mehr ein Spitzname. „Ich für mich würde jetzt nicht sagen, dass ich in das Spiel gehe und sage jetzt bin ich Pogo und sonst bin ich sie nicht.“ Die Namen sind mehr zu einer Erinnerung geworden, wo man im Moment ist und welche Verhaltensweisen jetzt wichtig sind. „Andersherum würde ich sagen, dass, wenn man schon länger dabei ist, man dann anfängt Sachen mit ins normale Leben zu nehmen. Du trittst zum Beispiel selbstbewusster auf oder wirst durchsetzungsfähiger.“

Diese Sportart wird von Frauen dominiert.

Da Roller Derby noch so klein und jung ist, kann es sehr einfach mit einer sehr exklusiven Szene verglichen werden und in seinen Anfängen war das auch so, da wurde es stark mit der Rockabilly-Szene in Verbindung gebracht, aber der Sport ist vielfältiger als man denkt. Das meint auch Valerie Pogodda: „In ein paar Punkten sind wir immer noch in der Rockabilly-Szene, aber es ist breiter und besser geworden. Die Frauen, die mitmachen sind vielfältiger geworden und dadurch hat sich das Ganze so ein bisschen aus der Szene rausgelöst.“ Es ist also nicht wichtig was du sonst für Hobbys hast, oder wie du aussiehst.

Du kannst auch viel mehr mitbestimmen, denn der Sport ist noch nicht fertig entwickelt. „Die Strukturen sind noch nicht so etabliert und noch nicht so eingefahren, wie zum Beispiel bei einem Fußballverein, der seit dem Jahr 1850 besteht“, sagt Pogodda. Du bist viel schneller in einer Position, in der du mitreden und mitbestimmen kannst. Das ist für viele Mitglieder ein weiterer Pluspunkt für den Sport.

Wie bereits erwähnt wird diese Sportart von Frauen dominiert. Im Jahr 2007 wurde die erste Männermannschaft in Amerika gegründet, aber diese sind seitdem nicht so exponentiell gewachsen wie bei den Frauen. In Stuttgart gibt es noch keine Männermannschaft. Männer werden aber keineswegs ausgegrenzt. Man kann immerhin ein männlicher Schiedsrichter, oder auch Referee genannt, werden und somit am Sport teilhaben. Du könntest dich als Mann natürlich auch dafür einsetzen, dass ein so genanntes Merby-Team (Männer-Derby) in Stuttgart gegründet wird. Es gibt also immer noch viele Möglichkeiten bei diesem Sport Teil zu haben, egal welches Geschlecht man hat.

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Falls Du noch nicht vom Roller Derby überzeugt bist, oder noch einen Grund brauchst, wieso du dich für diese Sportart entscheiden solltest, hat Valerie Pogodda einen weiteren Grund dafür: „Es gibt keinen Ausschlussgrund, man findet für jeden eine Position im Team, wo er sinnvoll ist, also man ist nicht zu klein, zu groß, zu dick oder zu dünn.“ Falls Du selbst mitmachen möchtest, schau doch mal in deiner Stadt, ob es ein Team für Dich gibt, und falls Du aus der Umgebung Stuttgart kommst, kannst Du beim ersten deutschen Team, das dieses Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feiert, mitmachen. Ein rasanter Sport, auf Rollschuhen schnell über die Bahn fahren und es dabei zur Sache gehen lassen. Du kannst selbst viel mitbestimmen und die Teams sind sehr offen.“ Was spricht also dagegen?

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