Tierzüchtung

Übergewichtige Masttiere, Hunde mit Atemproblemen oder Pferde, die nicht richtig laufen können. Wo die einen sagen, dass Tierzucht unabdingbar ist und meist aus wirtschaftlichen, finanziellen Perspektiven heraus argumentiert, erheben Tierschützer*innen ihre Gegenstimmen. Sie lehnen Tierzucht häufig ab und zeigen erschreckende negative Seiten auf. Doch ist die Situation tatsächlich so eindeutig beurteilbar? Lässt sich Tierzucht wirklich aus einer reinen schwarzweiß-Perspektive heraus betrachten?

Warum züchten wir?

Tierzucht ist ein Phänomen, das seine frühesten Ursprünge circa 12.000 Jahre vor unserer Zeit hat, als die Menschen begannen, sesshaft zu werden und nicht mehr nur zu jagen, sondern sich auch Tiere zu halten. Seitdem hat sich die Tierzucht jedoch stark gewandelt.

Um sich mit dem Thema der aktuellen Tierzucht zu beschäftigen, ist es zuerst einmal elementar, die unterschiedlichen Motivationen hinter unserer heutigen Tierzucht zu erkennen und zu begreifen. Bei klassischen Haustieren wie vor allem Hunden, aber auch Katzen oder Kleintieren wird häufig auf optische Merkmale hin gezüchtet. Typische Beispiele hierfür sind Bulldoggen mit ihren gequetschten Schnauzen oder Schäferhunde mit Hüftproblemen aufgrund des Körperbaus. Dass diese Art der Zucht nicht zwingen das Tierwohl, sondern eher das optische Erscheinungsbild im Auge hat, macht sie umstritten.

Ein anderer Grund, zu züchten, liegt vor allem bei Nutztierhalter*innen darin, dass sie den Gewinn ihrer Nutztiere optimieren wollen, Hühner sollen mehr Eier legen, Kühe mehr Milch geben, Schweine schneller Fleisch ansetzen. Auch hier spielen andere Aspekte teils wichtigere Rollen als das Tierwohl selbst. Dass diese beiden Arten der Tierzucht also kritisiert werden, scheint verständlich, auch wenn man selbst hier nicht vorschnell urteilen sollte.

Pro Zucht

Ein Grund, Tiere zu züchten, sollte allerdings weitaus mehr Beachtung finden. Professionelle ausgebildete Züchter*innen wollen ihre Tiere durchaus schön und gewinnträchtig züchten, das wichtigste in der Zucht sollte jedoch sein, gesunde Tiere zu züchten. Die Zucht ist eine optimale Möglichkeit, potenzielle Krankheiten, Erbfehler und ähnliches auszumerzen, indem mit diesen Tieren nicht weiter gezüchtet werden darf, werden hingegen stattdessen nur noch kerngesunde Tiere vermehrt, sinkt die Wahrscheinlichkeit kranker Tierbabys drastisch, was auch im Sinne der Tierschützer*innen ist.

Ist eine Zucht als verantwortungsvoll aufgestellt, wird von professionellen, gelernten Personen geleitet und hat stets das Tierwohl als oberste Prämisse, scheint sie schon weniger verwerflich als in den anfänglich geschilderten Situationen.

Zuchttier oder Straßentier

Dennoch gibt es Kritik, der auch solche Zuchteinrichtungen nicht geweiht sind. Nämlich die Kritik, dass es so viele weltweit leidende und heimatlose Tiere, vorwiegend Hunde und Katzen gibt, und sich erst um deren Versorgung gekümmert werden sollte, ehe munter noch mehr Tiere in die Welt gesetzt werden, welche ohnehin schon überfüllt mit ihnen ist. Tierschützer*innen kritisieren, dass Züchter*innen auf Kosten der Straßentiere verdienen, indem sie interessierten Menschen ein Zuchttier verkaufen, welche sich andernfalls eventuell ein Straßentier geholt hätten. Hierbei gilt es allerdings, nicht nur die Züchter*innen, sondern auch alle Käufer*innen in die Kritik zu nehmen und zu hinterfragen.

Nicht nur schwarz und weiß

Zum einen ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass Tiere nicht nur zum privaten Verkauf gezüchtet werden, sondern auch in gewissen Artenschutzprogrammen, um gefährdete Spezien wie beispielsweise Eisbären oder Orang-Utan Affen vor dem Aussterben zu bewahren. Diese Art der Zucht ist absolut elementar für den Artenschutz.

Was bei der Haustierzucht nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass es unterschiedliche Situationen der Käufer*innen gibt und in manchen der Kauf eines Zuchttiers tatsächlich verantwortungsvoller und besser ist. Als Beispiel hierfür dienen Therapie- oder auch Hütehunde, welche sehr hohe Anforderungen erfüllen müssen, und dazu ein sehr ausgeglichenes, ruhiges Wesen benötigen. In der Regel ist es einfacher, sich den Hund einer extra auf diese Eigenschaften hin gezüchteten Rasse wie Golden Retriever oder Schäferhund zu kaufen, da Straßenhunde oft problematische Vergangenheiten haben und somit eventuell psychisch nicht stabil genug für eine so hohe Verantwortung sind.

Ist der Grund, sich ein Rassetier zu kaufen, jedoch rein optischer Natur, kann fast immer davon ausgegangen werden, dass hier direkt oder indirekt nicht im Sinne des Tierwohls gehandelt wird. Was potenzielle Käufer*innen und Züchter*innen bedenken sollten: Tiere sind keine Spielzeuge und keine Statussymbole, genau so wenig wie sie Gebärmaschinen oder Wegwerfware sind. Tiere bedeuten Verantwortung und Pflichten und Anstrengung. Wer nur ein hübsches Accessoire sucht, ist dem eventuell nicht gewachsen.

Was sollen wir tun?

Es gibt also gute Gründe, zu züchten, wichtige Rassen zu erhalten und die Gesundheit der Tiere zu verbessern. Werden diese lobenswerten Gründe jedoch von Geldgier und Profit überdeckt, handelt es sich nicht mehr um eine verantwortungsvolle Zucht. Es handelt sich viel eher um reine Geldmacherei auf Kosten der oft unzureichend versorgten Tiere. Und genau diese ethisch fragwürdigen Konstrukte gilt es nicht länger zu unterstützen. Weder durch den Kauf des süßen Rasse-Welpen aus dem Internet noch durch den Kauf der billigen Käfighaltungs-Eier im Supermarkt.

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