Träume Dich wohin Du willst – Luzides Träumen

Wer wünscht sich nicht, zu fliegen, sich dorthin zu „beamen“ wohin er möchte, fantastische Reisen zu unternehmen. All das ist möglich – im Traum. Aber nicht nur unser Alltag wird dadurch bereichert, wir können auch Ängste, Hindernisse und Schwierigkeiten des Alltags lernen zu meistern und zu überwinden.

Mein Mann bezeichnet sich selbst als „Bodenständiger Träumer“. Sitzen wir am Wochenende am Frühstückstisch und berichten von unseren nächtlichen Erlebnissen, erzählt er, er habe im Traum Rasen gemäht, an Autos rumgeschraubt oder sei auf einem Konzert gewesen. Alltägliche Dinge eben.

Freud hätte hierzu bestimmt viel zu sagen gewusst über verdrängte und unbewusste Ängste oder Sehnsüchte, doch die heutige Forschung geht davon aus, dass wir im Traum vor allem alltägliche Erlebnisse verarbeiten und uns mental auf Aufgaben, die uns bevorstehen, vorbereiten.

Die phantastische Ebene der Träume

Trotzdem gibt es sie auch: die fantastischen Träume, die Wünsche, Sehnsüchte und Ängste zum Ausdruck bringen und weit über das Alltägliche hinausgehen.

Schon als Kind war mein Traumerleben so intensiv, dass es zuweilen den Alltag in den Schatten stellte und mich noch den ganzen Tag über die Bedeutung der Traumbilder nachgrübeln ließ. Und noch heute weiß ich nicht, ob meine erste Kindheitserinnerung einem Traum entsprang oder sich tatsächlich auf diese Weise ereignete.

Noch immer träume ich sehr bildreich und intensiv, besuche Museen, die es nicht gibt und betrachte Bilder, die ich noch nicht kannte, entdecke verzauberte Schätze und Städte, fliege über die nächtlich schlafende Stadt und ein paar Mal habe ich schon die Welt gerettet.

Eines ist all diesen fantastischen Träumen gemeinsam: wenn ich erwache bedauere ich, dass sie vorbei sind und ich nicht nochmals bewusst die verzauberten Orte erkunden und die erträumten Gemälde untersuchen kann. Dann denke ich: es war ja doch nur ein Traum und leider ist das nicht möglich … oder vielleicht doch?

Bewusst Träumen: von der Möglichkeit des Unmöglichen

Tatsächlich geht das, das bewusste Träumen. Wir können lernen uns im Traum bewusst zu sein, dass wir träumen und das Traumgeschehen steuern. Dies nennt man das luzide Träumen. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen von lux, lucis = Licht her und bedeutet übersetzt „lichter Traum“. Also ein Traum, in welchem wir wissen, dass wir träumen und ins Traumgeschehen eingreifen können. Im Deutschen werden solche Träume als Klarträume bezeichnet, die Traumreisenden als Oneironauten.

Jeder von Euch erinnert sich bestimmt an Vorstufen des luziden Träumens. Dies sind Momente im Traum, in welchen einem bewusst wird, dass das was man gerade erlebt nur ein Traum ist und nicht in Wirklichkeit geschieht. Meist erwacht man kurz nach einem solchen Moment.

Es gibt aber auch Wege, zu trainieren in diesen Momenten in das Traumgeschehen einzugreifen und dieses bewusst zu steuern. Ratgeber, Online Communitys, aber auch professionelle Psychologen geben hierzu Anleitungen.
Eine Vorstufe ist es, sich während des Tages immer wieder bewusst zu machen, dass man wach ist und einen so genannten Realitäts-Check durch zu führen. Darunter versteht man eine Überprüfung der logischen Gesetze, indem man zweimal auf die Uhr schaut oder die Anzahl der Finger überprüft. Im Traum sind die Regeln der Realität außer Kraft gesetzt, weswegen Geschriebenes, Zifferblätter von Uhren oder auch die Anzahl der Finger nicht mit den tatsächlichen Naturgesetzen übereinstimmen.

Ein weiterer Schritt, der sehr viel Arbeit, Mühe und Sorgfalt erfordert, ist die tägliche Dokumentation des Geträumten in Form eines Traumtagebuchs. Am besten geschieht dies direkt nach dem Aufwachen.

Wird die Traumerinnerung und die Realitätswahrnehmung regelmäßig trainiert, stellt man nach einigen Monaten fest, dass die Träume häufiger erinnert werden und auch im Traum immer öfter das Bewusstsein auftritt, dass man träumt. Dies ist die Vorstufe des Luziden Träumens und ermöglicht im nächsten Schritt, bewusst ins Traumgeschehen ein zu greifen.

Was passiert da im Kopf? – Funktionsweise des Gehirns und therapeutischer Nutzen

Psychologen haben herausgefunden, dass beim luziden Träumen neben dem Unbewussten das Zentrum im Gehirn aktiv ist, welches normalerweise im Schlaf „ausgeschaltet“ ist, das Zentrum für das bewusste Wahrnehmen und Verarbeiten von Informationen.
Ein ähnlicher Zustand findet sich während der Hypnose oder der Meditation.

Somit ist erklärbar, warum der Träumende aktiv ins Traumgeschehen eingreifen kann. Verblüffender weise kann der Schläfer in solchen Momenten des Klartraums auch mit der Außenwelt in Kontakt treten und mit dem Psychologen im Schlaflabor durch vorher vereinbarte Zeichen wie Augenbewegungen kommunizieren und Fragen beantworten.

War das luzide Träumen lange umstritten, konnte seit den 1980ern Jahren an der Stanford University nicht nur die Existenz des Phänomens wissenschaftlich nachgewiesen werden, sondern auch dessen Funktionsweise erforscht und dessen Nützlichkeit bewiesen werden.

Gerade im Bereich der Traumatherapie und bei der Überwindung von Angststörungen hat sich das bewusste Eingreifen ins Traumgeschehen und das „Umschreiben“ des Handlungsablaufs und der Rollenzuschreibung als heilsam erwiesen.
Auch Sportler und Kreative wenden das luzide Träumen zu ihrem Nutzen an. Eingeübte Bewegungsabfolgen gelingen besser, Schriftsteller und Musiker beschreiben das Traumgeschehen als Quelle für ihr kreatives Schaffen.

Doch auch viele Oneironauten ohne Ambitionen nutzen das luzide Träumen, um Dinge zu erleben und ihr Selbst zu erweitern und zu stärken, sich auf unsichere Situationen wie ein Vorstellungsgespräch oder eine Präsentation vorzubereiten oder einfach nur zu genießen, was im Alltag unmöglich ist.

Der Selbsttest

Immerhin bin ich inzwischen so weit gekommen, meinen Mann im Traum in unbekannte Städte zu führen und auf fantastische Reisen mit zu nehmen. Auch das Fliegen habe ich ihm schon beibringen können. Das gemeinsame Erleben meiner Träume ist für mich wunderschön, allerdings bin ich mir dabei immer bewusst, dass dies nur in meinem Traumerleben stattfindet und er, neben mir im Bett liegend, wahrscheinlich mal wieder den Rasen mäht.

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