Den Körper verschönern mit Tradition

Wer heute seinen Körper mit Tinte verschönern möchte, muss sich im Normalfall auf laute Geräusche vorbereiten und ist auf das Studio des Tätowierers angewiesen. Aber das war natürlich nicht immer so, da es Tattoos lange vorher gab – sogar Ötzi war bereits mit Farbe auf der Haut markiert. Pepe Varekai, der Besitzer von Tinten Specht Tattoo in Untertürkheim, hält die alte Art des Tätowierens hier in Deutschland noch am Leben.

Pepe, der in eine Künstlerfamilie geboren wurde, war nie wirklich am Zeichnen interessiert, bis er angefangen hat seine eigenen Tattoos selbst zu gestalten. Er reist sehr gerne, und ist dadurch erst auf den Geschmack für Tattoos gekommen. Er war bereits in über 40 Ländern, wobei er 2/3 der gesamten Reisezeit in Asien verbrachte. Er bereiste Nordamerika mit seinen Brüdern und seiner Mutter, wie auch Nord- und Südafrika. „Den europäischen und asiatischen Kontinent habe ich fast komplett bereist“. Seine längste und auch kälteste Überlandreise, durchschnittlich -25°C, „ging von Moskau mit der transsibirischen Eisenbahn durch ganz Russland und die Mongolei bis nach Peking“. Von dort ist er durch China bis nach Laos und ganz Südostasien, und auf dem Rückweg flog er noch in die Türkei um dort mit dem Zug nach Hause zu fahren.

Sein erstes Tattoo war das Zeichen der Hip-Hop Gruppe Wu-Tang Clan. „Es war das Ende meiner Hip-Hop Ära und ich war damals mit einem guten Freund in Südostasien auf meiner ersten großen Reise unterwegs“, sagt er in dem Interview. Es war eine spontane Idee seines Freundes und da er sehr unsicher war, ob es eine gute Idee sei, ließ er sich es „ganz klein auf den Fuß stechen.“

Er lernte dann die Technik des thailändischen Handpokings

Auf seiner zweiten Reise durch Südostasien, lernte er die thailändische traditionelle Art des Tätowierens auf seiner eigenen Haut zu spüren. „Als ich mein drittes Tattoo selbst entwarf und auf meinen nächsten Trip mitnahm, dachte ich mir irgendwann: das wäre doch eine gute Möglichkeit um meine Reisen zu finanzieren“, sagt der Tätowierer. Die Grundlagen lernte er von seinem ersten Meister Ao, auf einer kleinen Insel in der Adnamannensee, nahe Myanmar. Auf seiner nächsten Reise lernte er dann die Technik des thailändischen Handpokings von einem angesehenen Meister der handgestochenen Tätowierkunst. „Unter seiner authentischen Leitung gab er mir sein Wissen weiter, welches ich bis heute in meine Arbeit einfließen lasse.“

Auf seinen vielen Reisen sind ihm so einige Menschen begegnet, wie auch Rassenhass und Nächstenliebe, Leben und Tod, Gut und Böse, reich und sehr arm, Glück und Pech. Am interessantesten fand er jedoch „die Begegnungen mit besonderen Menschen und deren außergewöhnlichen Geschichten.“ So eine außergewöhnliche Frau war auch Whang Od, die letzte Tätowiererin, die die Kalinga Kunst beherrscht, eine Philippinische Stammestätowierung vor der Kolonialzeit. Pepe wollte nicht, dass diese alte Kunst ausstirbt und machte sich 2014 auf den Weg in den Norden der Philippinen um von ihr zu lernen. „Ich brauchte fünf Tage um sie zu finden, weil ich komplett planlos und voller Euphorie los startete.“ Bei Wand Od lebte er wie vor 100 Jahren und lernte dort für geraume Zeit ihre Kunst des Tätowierens. „Sie ist so eine wundervolle Frau und die Menschen im Dort nahmen mich sehr herzlich auf“, er tätowierte sogar ein paar Einheimische, die begeistert von seiner, ihnen unbekannten Tattoo Methode waren.

Manchmal kommt auch Kundschaft aus dem Ausland, die von ihm gehört hat

Obwohl er bei seinen ersten Reisen davon überzeugt war, dass er nicht mehr nach Deutschland zurückkommen wird, hat er gelernt Deutschland wieder zu vermissen und zu lieben, nachdem er einen „Einblick hinter den Touristenvorhang“ bekommen hat. Heute würde er nie dauerhaft außerhalb von Europa leben, weil hier seine Wurzeln seien. Obwohl er natürlich seine Freunde und Familie während seines Auslandaufenthaltes vermisst hat, waren es die kleinen Dinge, die er aus seiner Kindheit kennt, die ihn immer wieder zurück nach Hause gebracht haben.

Mit seinem eigenen Studio Tinten Specht Tattoo, in dem er Hand Poked Tattoos anbietet, ist Pepe ein Traum in Erfüllung gegangen. „Jeder Mensch sollte mutig träumen, denn Träume sind es, die dir helfen deine Wirklichkeit zu verändern“. Seine Kundschaft kommt meist aus der Umgebung und nimmt 2 1/2-3 Stunden Fahrt auf sich, aber manchmal kommt auch Kundschaft aus dem Ausland, die von ihm gehört hat. Er hat mit der Zeit seine eigene Stilrichtung entwickelt, die „oft grafisch geprägt ist und Elemente der Dotwork Technik zeigt“. Es gefällt ihm mit den unterschiedlichsten Menschen zu arbeiten, die ihm das Vertrauen aufweisen sie zu verschönern. Er möchte ein Teil dessen sein, welches eine der ältesten Künste in der Tradition der Menschen am Leben erhalten.

Für ihn ist das Hand Poked Tattoo lebendiger als das maschinelle Tätowieren und er kann sich mehr damit identifizieren. „Als ich mit diesem Thema anfing, las ich alles rund um die verschiedenen Techniken weltweit und den bedeutsamen Zeichen und Designs“. Der Ursprung des Tattoos hatte meistens nichts mit einer reinen Verschönerung des Körpers zu tun, Tattoos dienten eher dazu „zum Beispiel Rangordnungen im Stamm zu definieren“. In anderen Fällen basierten sie auch darauf „Einfluss auf sein eigenes energetisches Ungleichgewicht zu nehmen und um körperliche Beschwerden zu beheben“. Pepe bezeichnet Tattoos als eine Sprache ohne Worte die jeder verstehen kann, der dazu mächtig ist, sie zu lesen. „Das war schon immer etwas, das mich faszinierte“. Er ist auch nicht räumlich beschränkt wie maschinelle Tätowierer. Er kann zum Beispiel „auf einem 80m hohen Wasserfall oder vor dem Taj Mahal in Indien“ tätowieren. Hand Poked Tattoos laufen auch ruhiger ab, im Vergleich zur maschinellen Methode. Das Geräusch der Maschine fällt weg und der Tätowierte hat dadurch die Möglichkeit sich auf etwas Anderes zu konzentrieren. „Und nein es ist nicht schmerzhafter im Vergleich zu der Maschine, in der Regel ist es sogar angenehmer“.

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